GKV-Finanzstabilisierungsgesetz auf dem Prüfstand
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
in den letzten Jahrzehnten war die Gesundheitspolitik in Deutschland mehr reaktiv als gestaltend. Die steigende Konjunktur der Nuller- und Zehnerjahre wurde genutzt, um großzügige und kostenintensive Leistungsausweitungen in der Gesundheitsversorgung zu beschließen. Auf Krisen wurde mit Ad-Hoc-Maßnahmen, wie steigenden Bundeszuschüssen oder einem Griff in die Kassenrücklagen, reagiert. Diese wenig vorausschauende Politik hat dazu geführt, dass sich die Schere zwischen (Beitrags-)Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in der jüngsten Vergangenheit immer weiter geöffnet hat. Seit 2019 weist die GKV im Jahresabschluss wieder ein Defizit auf. Dieses ist in den letzten Jahren stark gestiegen – von 1,5 Mrd. Euro im Jahr 2019 auf 6,7 Mrd. Euro im Jahr 2021.
Die prognostizierte Deckungslücke für 2023 beziffert sich auf 17 Mrd. Euro. Dementsprechend große Hoffnungen hatten die Kassen, dass ein GKV-Finanzierungsgesetz der neuen Ampel-Regierung die Reihe jährlich neu ausgehandelter Bundeszuschüsse durchbrechen und eine grundsätzliche Reform der GKV-Finanzierung anstoßen würde. Dieser Wunsch bleibt leider unerfüllt. Der vorliegende Gesetzesentwurf greift erneut auf Einzelmaßnahmen zurück. Er ist höchstens in der Lage, das Defizit im Jahr 2023 abzumildern. Eine langfristig wirksame Perspektive fehlt weiterhin.
Die Bundesregierung hat sich mit dem vorliegenden Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKV-FinStG) verpflichtet, im kommenden Jahr eine Reform der GKV-Finanzen anzugehen. Als KKH wollen wir uns konstruktiv an der Debatte über die zukünftige Konzeption einer finanzstabilen und solidarischen GKV beteiligen. In diesem Newsletter bewerten wir daher die einzelnen Maßnahmen des GKV-FinStG und wollen darüber hinaus Anregungen geben, wie eine grundsätzliche Reform der GKV-Finanzierung zukünftig ausgestaltet werden könnte.
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen!
Dr. Wolfgang Matz, Vorstandsvorsitzender
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