Gesunde Ernährung: Mehr als nur das eigene Essen
Was ist gute Ernährung? Eine simple Frage, eigentlich. Doch nur auf den ersten Blick. Denn für eine ehrliche Antwort, braucht es mehr Zutaten. Beispielsweise die Nachfrage: Gut, für wen? Für die Gesundheit, das Klima, die Gesellschaft? Ein langes Leben – oder doch etwas ganz anderes?
Gut für die eigene Gesundheit
Beginnen wir bei der eigenen Gesundheit. Zwar gibt es nicht die eine Antwort, was eine gesunde Ernährung ausmacht. Dafür zahlreiche Empfehlungen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) nennt in ihren zehn Regeln: ausreichend Wasser trinken, viel Obst und Gemüse essen und wenig Fleisch. Ebenfalls auf den Speiseplan gehören regelmäßig Hülsenfrüchte, Getreideprodukte wie Nudeln und Reis in der Vollkornvariante, Nüsse sowie pflanzliche Öle und Milchprodukte. Kern der Empfehlungen: Sich ausgewogen, vielseitig und abwechslungsreich zu ernähren.
Dahinter steckt die Erkenntnis, dass unsere Ernährung ganz entscheidend Gesundheit und Wohlbefinden beeinflusst. Ob wir gesund bleiben und uns vital fühlen, hängt eben auch davon ab, was wir essen. Obst und Gemüse versorgen den Körper mit Ballaststoffen und Vitaminen. Getreideprodukte aus Vollkorn liefern Energie und Mineralstoffe. Bohnen, Linsen und andere Hülsenfrüchte sind ausgezeichnete pflanzliche Proteinquellen.
Zahlreiche Diäten und Ernährungsvorbilder
Beim Thema gesunde Ernährung rückt häufig eine Vorzeigeoption in den Fokus: die mediterrane Ernährung. Viel Gemüse, pflanzliche Fette wie Olivenöl, Fisch, frische Gewürze, wenig Zucker und viele natürliche Lebensmittel. Dass diese Ernährungsform sehr gesund ist, haben inzwischen auch zahlreiche Studien gezeigt – und beispielsweise positive Effekte in Bezug auf Herz-Kreislauferkrankungen oder Bluthochdruck nachgewiesen.
Wichtig dabei: Nicht ein bestimmtes Lebensmittel oder eine Ernährungsform sorgt in der Regel für den gewünschten gesundheitlichen Effekt, sondern der generelle Lebensstil. Mit Vorsicht zu genießen sind deshalb vollmundige „Abnehm“-Versprechungen populärer Wunderdiäten – egal ob in der steinzeitlichen Paleo-, High-Carb- oder Low-Carb-Variante. Hier könnten nach dem Verzicht der anschließende Jojo-Effekt folgen. Auch mit Blick auf das Wunschgewicht gilt daher: Eine ausgewogene Ernährung ist häufig die nachhaltigere Gesundheitsstrategie.
Gesunde Ernährung: Abschied vom Einheitskonzept für alle
Aber kann es die perfekte Ernährung für alle überhaupt geben? Einige Forschende zweifeln inzwischen daran. Der Grund: Menschen verwerten Proteine, Kohlenhydrate und Fette ganz unterschiedlich. Statt Lebensmittel in „gesund“ oder „ungesund“ einzuteilen, sei es daher zielführender, bestimmte Kategorien für Menschen zu finden, abhängig davon, was sie am besten vertragen. Die Basis für die sogenannte „personalisierte Ernährung“ oder „Präzisionsernährung“ legte der Wissenschaftler Eran Elinav in Israel. Sein Ansatz: In einem Experiment untersuchte er, wie stark der Blutzuckerspiegel von Probandinnen und Probanden auf den Verzehr einer Scheibe Weißbrot reagierte. Während er bei einigen stark anstieg, blieb er bei anderen nahezu unverändert. Die entgegengesetzte körperliche Reaktion führte zu der Erkenntnis: Ein bestimmtes Nahrungsmittel kann nicht gleich gut für alle sein – und damit auch nicht per se „gesund“ oder „ungesund“. Statt des Paradigmas einer universell gesunden Ernährung, brauche es einen stärkeren Fokus auf personalisierte Ernährung, um sie selbst noch gesünder zu gestalten – ergänzend zu allgemeingültigen Empfehlungen wie beispielsweise wenig Zucker.
Gut für Umwelt und Klima
Eine nachhaltigere Strategie wünschen sich viele auch für Umwelt und Klima. Denn: Unsere Ernährung bestimmt, wie stark wir Ressourcen wie Böden, Luft und Wasser beanspruchen. Und: Unser Konsum entscheidet darüber, was Landwirtschaft und Industrie produzieren. Dieser Zusammenhang lässt sich auch durch Zahlen belegen: Der Ernährungssektor verursacht in Deutschland rund ein Viertel der Treibhausgasemissionen. Davon entfällt ein Großteil auf die Produktion tierischer Lebensmittel wie Fleisch und Milchprodukte. Ein Ziel eines nachhaltigen Ernährungssystems ist es, diesen Anteil zu reduzieren, um die Treibhausgasemissionen wirksam zu senken.
Nur was heißt das für unsere Ernährung? „Ökologisch nachhaltig zu essen bedeutet, sich mit Mahlzeiten aus überwiegend pflanzlichen Lebensmitteln zu ernähren“, fasst die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) zusammen. Eine ökologisch nachhaltigere und gesundheitsunterstützende Ernährung bestehe demnach zu drei Vierteln aus pflanzlichen Lebensmitteln und einem Viertel aus tierischen. Das beinhaltet auch einen geringeren Fleischkonsum: Wöchentlich 300 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche lautet die Empfehlung der DGE. Bei rund einem Kilogramm pro Kopf liegt der Verbrauch in Deutschland aktuell.
Wer sich und der Umwelt etwas Gutes tun möchte, könnte zudem bei seinen Einkäufen darauf achten, dass die Lebensmittel im Einkaufskorb idealerweise ökologisch, regional, saisonal und fair produziert sind – und möglichst nur gering verarbeitet. Doch diese Wahlmöglichkeit ist nicht immer gegeben. Daher braucht es auch bessere Rahmenbedingungen für eine gesündere und nachhaltigere Ernährung.
Gut für die Gesellschaft
Eine Ernährung, die mehr Gesundheit bringt, mehr Klimaschutz – wie soll das funktionieren? Zum Beispiel mit einem starken gesellschaftlichen Bekenntnis zu einer nachhaltigeren Ernährung und klaren Zielen. Mit ihrer Ernährungsstrategie möchte die Bundesregierung hierbei die Richtung vorgeben. Zu den Leitlinien zählen mehr regionale Lebensmittel sowie weniger Fleisch in Kantinen und Schulen. Ein weiteres erklärtes Ziel darin ist, die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Mehr als 18 Millionen Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland laut einer Studie des WWF jährlich im Müll. Das entspricht fast einem Drittel des aktuellen Nahrungsmittelverbrauchs. Und bedeutet eben auch: Millionen Tonnen vermeidbare Treibhausgasemissionen. Nur kaufen, was man verbrauchen kann, lautet an dieser Stelle häufig der schnell gegebene Rat.
Mehr Eigenmotivation durch „Longevity“
Doch die Zahlen und Zusammenhänge zu kennen und entsprechend zu handeln, sind wie so oft zwei unterschiedliche Dinge. Doch wie gelingt es, die Eigenmotivation zu stärken, selbst für eine gesunde und nachhaltige Ernährung einzutreten? Entscheidend sei ein stärkeres Bewusstsein für das „Wofür“! – meinen zumindest einige Ernährungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Gesunde Ernährung um Krankheiten abzuwehren, also als Präventionsmaßnahme: Das sei zu negativ, zu angstbesetzt, zu wenig motivierend. Einen überzeugenderen Ansatz könne hingegen ein neues Zielbild liefern. Die Aussicht, die eigene Gesundheitsspanne durch eine gesunde Ernährung verlängern zu können. Idealerweise bis ins hohe Alter. „Longevity“ heißt diese Idee, die neue Wege in der Ernährungskommunikation und Prävention ebnen soll.
Doch funktioniert ein gesunder Lebensstil tatsächlich als Gesundheitsoptimierer und Lebenszeitverlängerer? Die gute Nachricht: Alter und Altern sind tatsächlich nur zu einem geringen Teil genetisch vorbestimmt. Die persönliche Lebensweise hat größeren Einfluss. Das zeigt auch ein Blick über den eigenen Tellerrand, auf die sogenannten „blauen Zonen“ der Erde wie Sardinien oder die japanische Insel Okinawa. Hier leben überdurchschnittlich viele sehr alte Menschen, die nachweislich gesünder alt werden. Die Wissenschaft ist sich einig, dass sie gemeinsame verbindende Lebensstilfaktoren haben – beispielsweise eine pflanzenbasierte Ernährung, viel Bewegung, kalorienarme Kost und soziale Kontakte.
Eine Ernährung, die allen schmeckt
Alles Zutaten, die auch wir relativ einfach in unseren eigenen Alltag integrieren könnten. Für die eventuelle Chance, dadurch gesünder zu altern – warum eigentlich nicht? Doch auch dann gilt: Gute und gesunde Ernährung ist komplex und abhängig von unterschiedlichen Kriterien. Und: Sie ist letztlich eine Frage des persönlichen Geschmacks. Ob die eigene Gesundheit im Vordergrund steht, der nachhaltige Umgang mit natürlichen Ressourcen oder etwas ganz anderes, muss jede und jeder selbst entscheiden. Die gute Nachricht ist: Wir haben die Wahl. Und entscheiden selbst, wie wir die unterschiedlichen Komponenten zu einem stimmigen Gericht kombinieren – das idealerweise nicht nur uns selbst schmeckt, sondern auch für andere und uns alle einen Unterschied macht.
Guten Appetit!
Die Chance gesünder zu altern als attraktiver „Hin zu Motivator“ zu einer gesunden Ernährung – warum nicht?
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