Soziale Selbstverwaltung sichern und stärken
Die soziale Selbstverwaltung ist ein wichtiges Prinzip unserer demokratischen Grundordnung und Ausdruck des Sozialstaatsgebots unserer Verfassung. Die Mitgestaltung der Sozialversicherung durch ihre Mitglieder ermöglicht eine sachgerechte und versichertenorientierte Ausrichtung ihres Handelns.
Darüber hinaus garantiert die Selbstverwaltung in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Leistungsspektrum, welches sich an wissenschaftlicher Evidenz und den wirtschaftlichen Umgang mit Versichertengeldern ausrichtet.
Es ist die Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) auf der Grundlage der evidenzbasierten Medizin, neue Therapien und Maßnahmen zur Qualitätssicherung in die Versorgung zu tragen.
Gerade diese staatsferne Ausrichtung der gesetzlichen Krankenversicherung war und ist Garant für eine evidenzbasierte und wirtschaftliche Versorgung gesetzlich Versicherter, unabhängig von politischen Wetterlagen und Partikularinteressen.
Bedauerlicherweise gibt es dennoch immer wieder politische Initiativen, die versuchen, den Regelungsbereich der Selbstverwaltung einzuschränken. Jüngstes Beispiel war der Versuch, mit dem Entwurf für ein Gesundes-Herz-Gesetz ungeprüft und per Rechtsverordnung breit angelegte Screenings auf erhöhte Cholesterinwerte sowie die Verordnung von Statinen für Kinder ab zwölf Jahren in die Regelversorgung einzuführen.
Auch die Einführung vertraulicher Erstattungsbeträge im Rahmen des Medizinforschungsgesetzes zeigt, dass die Einflussnahme auf die Selbstverwaltung über die Politik hinausgeht und von einzelnen Interessensträgern initiiert wird.
Darüber hinaus wird die Akzeptanz der sozialen Selbstverwaltung zusehends dadurch geschwächt, dass den Versicherten immer mehr finanzielle Belastungen auferlegt werden, die nicht zum originären Aufgabenbereich der gesetzlichen Krankenversicherung gehören.
Als Beispiele seien der geplante Transformationsfonds zur Finanzierung der Krankenhausreform oder die nach wie vor nicht kostendeckenden Beiträge für Bürgergeldbezieher*innen genannt.
Wir fordern daher die Politik auf, sich zu einer starken Selbstverwaltung zu bekennen. Die Selbstverwaltungen sollten die Möglichkeit haben, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, wo dies sinnvoll und interessengerecht ist.
Durch den direkten Austausch mit den Versicherten sind die Krankenkassen in der Lage, die Versorgungsbedürfnisse am besten einzuschätzen. Die Finanz- und Satzungsautonomie der Krankenkassen muss erhalten bleiben und wo möglich auch ausgebaut werden.
Dazu gehört auch die eigenständige Verwendung von Überschüssen und Rücklagen über das Haushaltsrecht der Selbstverwaltungsorgane. Die Entscheidungsbefugnisse der Selbstverwaltungsorgane in Bezug auf evidenzbasierte Entscheidungen in der medizinischen Versorgung dürfen nicht weiter eingeschränkt werden.
Die datengestützte, transparente und systematische Entscheidungsfindung des G-BA muss erhalten bleiben. Denn nur Transparenz über Entscheidungsprozesse zum Leistungsspektrum der GKV schafft auch Akzeptanz bei den Versicherten und ermöglicht ein wirtschaftliches und nachhaltiges Handeln in der GKV.
Das solidarisch getragene und selbst verwaltete GKV-System ist ein hohes Gut unserer Demokratie und trägt maßgeblich zum sozialen Ausgleich in unserer Gesellschaft bei. Deshalb sollten die Grundsätze dieses Systems beibehalten und gestärkt werden.