Hitzeschutz statt Hitzestress: Wie Sie selbst bei 40 Grad cool bleiben
Erschöpfte Menschen flüchten sich in kühle Tiefgaragen, erholen sich in klimatisierten Messehallen von Temperaturen um die 50 Grad draußen: Eine Rekordhitze hat den Westen Kanadas 2021 in die Schlagzeilen gebracht – noch nie war es so heiß gewesen an der Westküste des nordamerikanischen Staates. Eine tagelange extreme Hitzeglocke sorgte für hunderte Todesfälle. Und dieses Jahr brennen die Wälder aufgrund von klimawandelbedingter Trockenheit. Das ist zwar tausende Kilometer entfernt – aber von der Möglichkeit gar nicht so weit weg: Auch in Deutschland sind Temperaturen von 45 Grad im Sommer möglich, warnen Meteorologen.
Die Jahresmitteltemperatur klettert kontinuierlich nach oben, und mit ihr steigt die Zahl der Tage konstant über 30 Grad Celsius. Zum Vergleich: 1960 hatte Deutschland 1,3 solcher Tage – 2024 bereits 12,5 Tage mit 30 Grad plus auf dem Thermometer. Umso wichtiger ist der gesundheitliche Hitzeschutz der breiten Bevölkerung. An vorderster Stelle steht die Aufklärung: Welche Personengruppen sind besonders gefährdet? Wie schützen wir uns selbst und unsere Angehörigen? Und was können wir uns von anderen Ländern wie unseren südlichen Nachbarn am Mittelmeer abschauen, wenn die heißen Sommer auch hierzulande immer mehr werden? Darum soll es in diesem Ratgeber gehen.
Deshalb hat die KKH den Hitzeaktionstag am 4. Juni unterstützt, der mit zahlreichen Aktionen und Informationen das wichtige Thema Hitze zum dritten Jahr in Folge in den Fokus der Öffentlichkeit rückt. Die Organisatoren sehen in der Hitze das größte durch den Klimawandel bedingte Gesundheitsrisiko in Deutschland.
Hitzeaktionstag
Gemeinsam für gesundheitlichen Hitzeschutz lautet das Motto des Hitzeaktionstags vom „Netzwerk Klug – Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit“. Verbände, Krankenkassen und Vereine nehmen bundesweit mit vielen Aktionen und Aufmerksamkeitskampagnen teil, um Deutschland hitzeresilienter zu machen. Das Bewusstsein für Gefahren und Schutzmaßnahmen muss steigen – insbesondere für gefährdete Personen. Jetzt ist es an der Zeit, das zu ändern, so die Botschaft.
Mehr erfahrenWelche Menschen sind besonders gefährdet?
Rund 3.000 Menschen sind laut Robert-Koch-Institut hitzebedingt in Deutschland im vergangenen Jahr gestorben, die Opfer meist älter als 85 Jahre. In den wenigsten Fällen führt die Hitze direkt zum Tod. Sie trifft in der Regel Personen, die wegen anderer Erkrankungen bereits geschwächt sind.
Zu den weiteren Risikogruppen zählen Säuglinge, Kinder unter vier Jahren sowie Schwangere. Außerdem Menschen mit chronischen Erkrankungen, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Vorsicht: Auch Medikamente können die Temperaturregelung im Körper sowie das Durstgefühl stören, zum Bespiel Mittel gegen Bluthochdruck oder Psychopharmaka.
Was sind die Warnzeichen unseres Körpers?
Wenn Temperaturen steigen und länger über 30 Grad bleiben, reagieren wir erschöpft, dehydrieren oder erleiden sogar einen Hitzekrampf. Achten Sie daher auf erste Anzeichen wie Schwindel, Übelkeit, Schwäche, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen und natürlich Durst.
Bei extremer Hitze produziert unser Körper bis zu einem Liter Schweiß pro Stunde, um uns zu kühlen. Zusammen mit dem Wasser verlieren wir auch Mineralien, was zu Krämpfen führen kann. Wichtig: Steigt die Körpertemperatur auf mehr als 40 Grad, handelt es sich wahrscheinlich um einen Hitzschlag – rufen Sie unbedingt den Notarzt unter 112 an.
Wie verhalten wir uns richtig bei Hitze?
Auf unseren Serviceseiten finden Sie jede Menge wertvolle Tipps, wie Sie bei Hitze richtig handeln. Diese gelten sowohl für den heimischen Sommer über 40 Grad als auch für den Strandurlaub, falls dort eine Hitzewelle kommt. Was gut gegen Hitze hilft:
- Sich zurückziehen und vor allem der Mittagshitze aus dem Weg gehen
- Immer für ausreichend Kühlung sorge
- Die Wohnung möglichst kühl halten: Auf der Sonnenseite Fenster schließen, nachts kräftig durchlüften, Ventilatoren für Abkühlung aufstellen. Diese funktionieren aber nur bis 35 Grad gut.
- Medikamente und ausreichend Flüssigkeit bereithalten
- Auch die Ernährung an die Hitze anpassen: Nehmen Sie leichte Kost zu sich, eher Obst und Gemüse und weniger Fett und Fleisch in großen Mengen.
Wie können wir Kinder und ältere Menschen schützen?
In allen Altersgruppen gilt: Die Mittagshitze und direkte Sonne möglichst vermeiden. Säuglinge und Kinder sollten sonnengerechte und gleichzeitig sonnenschützende Kleidung tragen: leicht, luftig und den ganzen Körper bedeckend. Dazu gehört auch eine Kopf- und Nackenbedeckung.
Ältere alleinlebende Menschen sollten sich in angenehm kühlen Räumen aufhalten und ausreichend Wasser zur Verfügung haben. Dabei ist es wichtig, sich nicht allein auf das Durstgefühl zu verlassen, da dieses im Alter oft nachlässt, sondern die tägliche Trinkmenge an heißen Tagen zu steigern, empfiehlt das Bundesministerium für Gesundheit in der Broschüre „Alter und Hitze“. Halten Sie auch Ihren Körper kühl, zum Beispiel durch kurzes Abduschen oder feuchte Tücher für den Nacken. Und holen Sie sich Unterstützung, wenn Sie allein leben, zum Beispiel durch Nachbarn, Bekannte oder Angehörige. Niemals sollten Sie zudem an heißen Tagen allein die Dosierung von Medikamenten ändern, sondern immer nur gemeinsam mit Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin.
In unserem KKH-Blog finden Sie hierzu weitere Tipps.
Wie schützen wir auch unsere mentale Gesundheit?
Der Klimawandel beeinflusst auch unsere mentale Gesundheit. Tropische Nächte führen dazu, dass unsere Schlafmenge und -qualität leidet. Dies wiederum trägt dazu bei, dass mehr Menschen tagsüber unkonzentriert sind. Entsprechend steigen die Fälle von Arbeits- und Verkehrsunfällen. Zudem beobachten Forschende bei Hitze eine Zunahme von aggressivem Verhalten. Auch die Zahl der Krankenhauseinweisungen und Suizidfälle erhöht sich, berichtet die Bundespsychotherapeutenkammer.
„Rekordsommer“, „Hitzewelle“, „Klima-Katastrophe“ sind zudem Begriffe, die bei uns starke Emotionen hervorrufen. Hilflosigkeit, Wut, Verzweiflung. Angst. Solastalgie nennt sich zum Beispiel die Trauer über die erlebte Veränderung und den Verlust des vertrauten Lebensraums. Viele Menschen sorgen sich um die Zukunft der Erde und damit auch um ihre eigene. Andere reagieren resigniert, was können wir als Einzelne schon ändern? 72 Prozent der Kinder und Jugendlichen sagen, dass sie die Zukunft ihrer Umwelt und des Klimas eher oder sogar sehr pessimistisch sehen, hat eine Studie des Umweltbundesamtes ergeben.
Diese negativen Emotionen sollten wir nicht wegdrücken, sondern zulassen. Tauschen Sie sich mit Angehörigen und Freunden über Ihre Sorgen und Ängste aus. Ein gutes Gefühl gibt ebenfalls, selbst richtig zu handeln und proaktiv einen Beitrag zu leisten, daher geben wir Ihnen in unseren Fakten-Snacks Tipps, wie Sie Urlaub und Umweltschutz miteinander verbinden. Hier ein Vorgeschmack: Bereits die Anreise macht den größten CO2-Fußabdruck Ihrer Urlaubsreise aus!
Was können wir von anderen Ländern lernen?
Besonders lehrreich ist der Blick ins Nachbarland Frankreich. Die Franzosen haben nach einer gravierenden Hitzewelle 2003, bei der mehr als 15.000 Menschen starben, einen nationalen Hitzeschutzplan entwickelt. Er sieht zum Beispiel Kälteräume vor; für Obdachlose in Rathäusern sowie für ältere Menschen in Seniorenheimen.
Wer mal im Sommer in Touristen-Metropolen wie Paris oder Rom war, weiß die dortigen Trinkbrunnen zu schätzen, an denen man überall in der Stadt kostenlos seine leere Wasserflasche mit sauberem Trinkwasser auffüllen kann.
Frankreich ging sogar noch weiter und hat ein lokales Hitzeregister für gefährdete Gruppen erstellt. Hier können sich Menschen ab 60 Jahren oder mit gesundheitlichen Einschränkungen registrieren und werden, je nach Gefährdungslage, von örtlichen Sozialarbeitern angerufen und mit dem Notwendigsten versorgt.
Weiter östlich in Indien sind ebenfalls extreme Hitzephasen mittlerweile eine Regelmäßig- statt Seltenheit. Auch hier helfen bundesstaatliche Aktionspläne, die Bevölkerung zu warnen – bis hin zur SMS aufs Handy.
Bereits kleine Aktionen helfen, das Thema Hitzeschutz ins Bewusstsein zu rücken: In den Niederlanden können sich Anwohner und Touristen im Sommer an kostenfreien Sonnencreme-Spendern bedienen. Hilft der Haut – und dem Kopf, bei Hitze cool zu bleiben.
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