
Sexualaufklärung
Warum ist Sexualaufklärung wichtig für Kinder & Jugendliche?
Schon kleine Kinder erkunden ihren Körper und nehmen wahr, dass es Unterschiede zwischen Jungs und Mädchen gibt. Da sie durch Medien, Werbung und die digitale Welt sehr früh in Kontakt mit dem Thema Sexualität kommen können, ist es wichtig, dass sie die dort verbreiteten Inhalte richtig einordnen können. So sind sie gleichzeitig besser vor Falschinformationen, Manipulation und Missbrauch geschützt.
In diesem Zusammenhang informieren wir Sie auch über die Gefahren des sogenannten Cybergroomings. Dabei nehmen Erwachsene über die sozialen Medien Kontakt mit Kindern auf, um sie zu sexuellen Handlungen zu bewegen.
In welchem Alter sollten Sie Ihr Kind sexuell aufklären?
Heute wird Sexualaufklärung nicht mehr als ein einmaliges Aufklärungsgespräch verstanden, sondern als ein Thema, das das Aufwachsen von Kindern dauerhaft begleitet.
Dies beginnt schon direkt nach der Geburt. Denn Babys brauchen viel Zuneigung, Nähe und Liebe. So lernen sie, sich und ihren Körper von Anfang an als etwas Wertvolles und Schützenswertes wahrzunehmen. Der liebevolle Umgang in der Familie bildet die beste Grundlage für die gesunde sexuelle Entwicklung eines Kindes.
Viele Themen müssen Sie als Eltern gar nicht selbst ansprechen. Sie werden oft durch die Fragen Ihres Kindes „automatisch“ darauf gestoßen, weil es darauf vertraut, von Ihnen eine ehrliche Antwort zu erhalten. Nutzen Sie diese Möglichkeit und weichen Sie den Fragen nicht aus. Ansonsten traut sich das Kind künftig nicht mehr, seine Fragen zu stellen und bleibt mit seiner Verunsicherung allein – oder wird ein leichtes Opfer für Falschinformationen.
Da jedes Kind seine Fragen zu einem anderen Zeitpunkt stellt, sollten Sie nicht darauf warten, dass der Lehrplan in der Schule das Thema sexuelle Aufklärung aufgreift und Ihnen dadurch die Aufgabe abnimmt.
Aufklärung vor der Pubertät
Kinder sind von Natur aus neugierig. Fragen zur Sexualität können daher auch vor der Pubertät schon auf Sie zukommen. Vielleicht sind Sie im ersten Moment etwas überrascht und wissen gar nicht genau, was Sie antworten sollen. Das darf Ihr Kind gern merken. So spürt es, dass es sich um ein wichtiges Thema handelt.
Ein paar Tipps für solche Kinderfragen:
- Besorgen Sie sich kindgerechte Bücher zum Thema menschlicher Körper und Sexualität. Sie sind bereits für das Alter ab etwa vier Jahren erhältlich. Das gemeinsame Entdecken und Sprechen über das Thema erleichtert die Sache. Am besten stellen Sie diese Bücher zusammen mit den anderen Kinderbüchern ins Regal. So weiß Ihr Kind, dass es sie jederzeit auch selbst anschauen oder lesen kann.
- Verwenden Sie keine abwertenden oder „erfundenen“ Wörter, sondern Wörter die neutral und verständlich sind (z. B. für Geschlechtsorgane, Regelblutung usw.). So kann Ihr Kind diese auch außerhalb oder später bei einer ärztlichen Beratung benutzen und Informationen verstehen.
- Holen Sie bei Erklärungen oder Antworten nicht zu weit aus. Bleiben Sie nur bei dem Punkt, nach dem Ihr Kind Sie gefragt hat.
- Wenn Sie Zeit brauchen, um selbst nachzudenken, fragen Sie Ihr Kind, wie es auf die Frage kommt und welche Antwort es sich selbst schon überlegt hat. Ordnen Sie die Dinge, die Ihr Kind sagt, dann richtig ein.
- Auch der Gesprächsort sollte passend sein. Fragen, die Ihr Kind unvermittelt im öffentlichen Raum oder beim Einkaufen stellt, dürfen Sie selbstverständlich auf später verschieben – nur nicht unbeantwortet lassen.
- Machen Sie im Gespräch immer wieder Pausen und blicken Sie Ihr Kind an, um zu sehen, wie es reagiert und ob es Ihnen folgen kann.
- Vermitteln Sie Ihrem Kind in Bezug auf Sexualität Selbstbewusstsein. Was es als angenehme oder unangenehme Berührung empfindet, das soll und darf es selbst entscheiden. Weder Gleichaltrige noch Erwachsene dürfen diese Grenzen überschreiten. Wenn sich etwas nicht gut anfühlt, ist es wichtig, klar und deutlich nein zu sagen.
Wichtig zu wissen:
Bei Missbrauchsfällen wird oft versucht, Kindern die Straftat als Geheimnis zu verkaufen, das nicht verraten werden darf. Doch Geheimnisse, die wehtun oder Angst machen, dürfen erzählt werden, das sollte Ihr Kind ebenfalls lernen.
Stichwort Pornografie:
Auch damit können Kinder heute schon früh konfrontiert werden. Machen Sie Ihrem Kind deutlich, dass es sich Inhalte, die ihm nicht gefallen, nicht anschauen muss. Wenn es über Smartphone, Tablet oder PC solche Inhalte geschickt bekommt, sollte es sie nicht weiterverbreiten. Erklären Sie, dass Pornofilme nicht die Realität darstellen, sondern genauso produziert werden wie andere Filme.
Begleitung während der Pubertät
Wenn sich Kinder zu jungen Erwachsenen entwickeln, erleben Sie große Veränderungen ihres Körpers und gehen häufig durch starke Stimmungsschwankungen. Diese Zeit der Pubertät beginnt bei Mädchen um das neunte, bei Jungen etwa um das elfte Lebensjahr und dauert meist bis zum Alter von 14 bzw. 16 Jahren. Sie kann sehr große Verunsicherung auslösen. Als Eltern ist es jetzt besonders wichtig, dass Sie für die Sorgen und Nöte Ihres Kindes ein offenes Ohr haben.
Die Themen Sexualität und Liebe werden für die Heranwachsenden jetzt zunehmend interessanter. Auch wenn sie sich darüber in erster Linie mit Gleichaltrigen austauschen, bleiben die Eltern ein wichtiger Anker.
Ein paar Tipps für die Zeit der Pubertät:
- Seien Sie offen für Gespräche und Fragen, aber respektieren Sie die Privatsphäre Ihres Kindes.
- Mädchen richten sich mit ihren Fragen oft lieber an die Mutter, Jungen fragen eher den Vater. Manche Kinder interessieren sich auch für die körperliche Entwicklung des anderen Geschlechts. Das ist eine gute Gelegenheit, dass Vater und Tochter bzw. Mutter und Sohn vertraulich miteinander reden.
- Damit Jugendliche nicht von einer plötzlichen körperlichen Veränderung überrascht wird, sollten sie rechtzeitig über Themen wie Menstruation und Samenerguss aufgeklärt werden. Ein Aufklärungsbuch speziell für Mädchen oder Jungen kann dabei gut behilflich sein. Es hilft zu lernen, welche Entwicklung normal ist und wann eine Veränderung ärztlich abgeklärt werden sollte.
- Es ist nun auch an der Zeit, über Sex und Verhütung zu sprechen, denn Jugendliche machen heute ihre ersten sexuellen Erfahrungen relativ früh. Sie sollten über die verschiedenen Verhütungsmethoden aufgeklärt werden und erfahren, wie ein Kondom richtig verwendet wird. Und natürlich gilt weiterhin: Keine Erwachsenen und keine Gleichaltrigen dürfen sie zu irgendetwas zwingen. Nein zu sagen, ist ihr gutes Recht. Auf der anderen Seite dürfen auch sie selbst anderen nichts aufzwingen. Ein Junge darf von einem Mädchen nicht verlangen, auf die Benutzung eines Kondoms zu verzichten, um nur ein Beispiel zu nennen.
- Es kann auch ganz anders kommen: Vielleicht möchte Ihr Kind nicht mit Ihnen über intime Themen sprechen. Respektieren Sie diesen Wunsch und zeigen Sie Ihrem Kind, wo und wie es sich selbst informieren kann. Weiter unten haben wir dafür Literaturempfehlungen und Links zusammengestellt.
Ärztliche Untersuchungen
Im Alter zwischen 12 und 14 Jahren steht die J1-Untersuchung an, wo es unter anderem um den Stand der Pubertätsentwicklung geht. Überlegen Sie, ob das für Ihr Kind eine gute Gelegenheit ist, ohne elterliche Begleitung Fragen zu besprechen, die es zuhause nicht ansprechen möchte.
Später stehen bei jungen Frauen gynäkologische und bei jungen Männern urologische Untersuchungen an. Hier einige Hinweise dazu:
- Der erste Besuch in einer gynäkologischen Praxis muss nicht nach der ersten Periode erfolgen. Er ist sinnvoll, wenn eine Beratung zu Verhütungsmethoden gewünscht ist. Und natürlich, wenn ein medizinischer Grund vorliegen sollte.
- Eine urologische Untersuchung bei Jungen sollte bei medizinischem Bedarf erfolgen. Allerdings sollten sie dennoch lernen, dass regelmäßige Vorsorge wichtig ist.
- Jeder Körper reagiert anders und die pubertären Veränderungen setzen mal früher, mal später ein. Doch manchmal führen Hormonstörungen oder andere Gründe zu Entwicklungsverzögerungen. Wenn Sie dies vermuten, sollten Sie zusammen mit Ihrem Kind fachärztlichen Rat einholen.
Fragen & Antworten
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Wo kann ich mich als Elternteil informieren?
- Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stellt die Broschüren „Liebevoll begleiten“ (Kinder von 1 bis 6) und „Über Sexualität reden …Zwischen Einschulung und Pubertät“ zum kostenlosen Bestellen oder Herunterladen zur Verfügung: bzga.de/infomaterialien/sexualaufklaerung
- Das Zentrum Bayern Familie und Soziales bietet einen ausführlichen Bereich zur Entwicklung von Kindern:
baer.bayern.de/erziehung-medien/erziehung/sexualerziehung/aufklaerung - Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte gibt Tipps für den Alltag:
kinderaerzte-im-netz.de
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Wo können sich Heranwachsende selbst informieren?
- Das Jugendportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bietet auf seinem Portal Loveline umfassende Informationen für junge Erwachsene:
loveline.de - pro familia Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung e.V. richtet sich direkt an Jugendliche und gibt Infos zu allen Themen rund um die Pubertät:
profamilia.de/fuer-jugendliche/fuer-jugendliche
- Das Jugendportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bietet auf seinem Portal Loveline umfassende Informationen für junge Erwachsene:
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Welche Literaturtipps gibt es zum Thema Aufklärung?
- Bei der Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien der GEW (AJuM) finden Sie zahlreiche Rezensionen von Kinder- und Jugendliteratur, die sich mit dem Thema Aufklärung beschäftigt.
- Bei der Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien der GEW (AJuM) finden Sie zahlreiche Rezensionen von Kinder- und Jugendliteratur, die sich mit dem Thema Aufklärung beschäftigt.