„Besser versorgt bei Schaufensterkrankheit“
Versorgungsprojekt der KKH zeigt Potenzial des im GDNG geplanten §25b SGB
Die Verbesserung der Versorgungsqualität ist stets eine große Herausforderung für Politik und Gesellschaft. Der Innovationsfonds, der Ende 2015 mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz aufgelegt worden ist, soll neue Versorgungsformen, die über die Regelversorgung hinausgehen, fördern. Die KKH hat in diesem Kontext ein innovatives Versorgungsprojekt zur peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK), auch Schaufensterkrankheit genannt, umgesetzt. In Deutschland leiden ca. 4,5 Millionen Menschen an dieser gefährlichen und oft unterschätzten Krankheit – immerhin besteht ein höheres Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall als bei einer koronaren Herzerkrankung! Die Versorgung dieser Krankheit ist oft nicht gut. In vielen Fällen wird die Krankheit nicht richtig behandelt. Die Gründe dafür sind vielfältig und müssen an anderer Stelle diskutiert werden.
Was wollen wir erreichen?
Es ist schon lange bekannt, dass ein Gehtraining bei der pAVK wichtig ist. Besonders gut wirkt ein strukturiertes Gehtraining, bei dem man unter Anleitung mindestens dreimal pro Woche 30 bis 60 Minuten lang läuft. Doch flächendeckende Angebote fehlen und noch besser wären individuell anpassbare Trainings für jeden Tag. Wenn die pAVK nicht richtig behandelt wird, kann dies zu Immobilität und schlimmstenfalls zu Amputationen führen. Deshalb haben wir ein Angebot entwickelt, das die Betroffenen besser unterstützen soll. Es soll dazu beitragen, die Folgen der Erkrankung zu vermeiden oder zu verlangsamen.
Ein Konzept, wie ein erfolgreiches Gehtraining zu den Patienten kommt, gab es zum Zeitpunkt des Projektstarts noch nicht. Durch unser Projekt sollte mit einem strukturierten Versorgungsansatz Abhilfe geschaffen werden. Eine umfangreiche Auswertung unserer Datenbestände im Rahmen des Innovationsfondsprojekts ermöglichte potenzielle Teilnehmer:innen zu identifizieren, anzusprechen und für das Projekt zu gewinnen. Ein Vorgang der aktuell im Rahmen der regelhaften Kassenarbeit nicht möglich wäre, jedoch künftig über den geplanten § 25b SGB V ermöglicht werden könnte. Teilnehmende des Projektes erhielten verschiedene Versorgungsangebote, deren Wirksamkeit im Rahmen einer Studie erforscht wurde.
Um den Erfolg der Maßnahmen zu messen, wurden die Teilnehmenden in zwei Gruppen eingeteilt:
- Die erste Gruppe bekam nur Informationen über die pAVK und Präventionsangebote.
- Die zweite Gruppe bekam zusätzlich einen Aktivitätstracker, der Daten über das Gehtraining und die Herzfrequenz aufzeichnete. Diese Daten wurden dann telemetrisch an Gesundheitsberatende geschickt
Gesundheitscoaches unserer Kasse haben zudem die Teilnehmenden der zweiten Gruppe über 12 Monate lang gecoacht. Sie haben zusammen mit ihnen und den behandelnden Ärzten und Ärztinnen individuelle Pläne erstellt, um das Training, die Ernährung und die verordneten Medikamente zu optimieren.
Die Teilnehmenden wurden in einer begleitenden Studie zu drei Zeitpunkten befragt. Die Gruppe mit dem Aktivitätstracker und dem Coaching gab dabei an, dass:
- sich ihre Beschwerden durch das engmaschige Coaching und regelmäßige Gehtraining verbessert haben,
- sich ihre Gehstrecke deutlich verlängert hat,
- dies zu einem positiven Einfluss auf die gesamte körperliche Fitness führte und damit einhergehend zu einer verbesserten Lebensqualität,
- sie mit dem Projekt sehr zufrieden waren.
Um die Wirksamkeit zu überprüfen, wurde eine entsprechende Analyse durchgeführt. Diese hat gezeigt, dass das Projekt bei den Teilnehmenden zu einer deutlichen Verbesserung der Gehfähigkeit und der allgemeinen Lebensqualität geführt hat. Auch die psychische Belastung und die Patientenaktivierung haben sich verbessert. Und das alles nach nur 12 Monaten! Zusätzlich zu den gesundheitlichen Vorteilen für die Teilnehmenden hat das Projekt auch wirtschaftliche Vorteile gebracht. Durch die verbesserte Versorgung konnten Krankenhauseinweisungen vermieden und damit gleichzeitig Behandlungskosten gesenkt werden.
Die Ergebnisse des Projekts wurden auch vom G-BA positiv bewertet: Die neue Versorgungsform, die im Projekt implementiert wurde, sei eine Möglichkeit, die aktuellen Herausforderungen in der Versorgung von Menschen mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) mit strukturiertem Gehtraining durch Telemedizin, Telerehabilitation oder Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGa) zu bewältigen. Eine wichtige Voraussetzung für solche Projekte ist, dass die Betroffenen schnell und einfach identifiziert und angesprochen werden können. Der mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz geplante § 25b SGB V könnte diese Voraussetzung schaffen.
Mehr dazu lesen Sie auch hier und auf unserer KKH-Website.
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