Chancen des Digitalgesetzes (DigiG) für die Versorgung
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland ist noch nicht so weit fortgeschritten, wie es wünschenswert wäre. Zum Beispiel hat Österreich schon seit 2016 die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) sukzessiv als Opt-out-Anwendung eingeführt, während die elektronische Patientenakte (ePA) in Deutschland erst seit zweieinhalb Jahren verfügbar ist und bisher von nur weniger als einem Prozent der Versicherten genutzt wird. Das liegt daran, dass die ePA noch nicht so viele praktische Vorteile bietet und die Einrichtung sehr kompliziert ist. Auch andere Möglichkeiten der Digitalisierung, wie die Telemedizin oder die Vernetzung von Patientendaten, werden in Deutschland noch nicht so stark genutzt wie in anderen Ländern.
Der E-Health-Monitor der Unternehmensberatung McKinsey* errechnete 2022 das monetäre Potenzial der Digitalisierung. Demnach könnten durch die Digitalisierung bis zu 42 Milliarden Euro an Kosten eingespart werden. Allein durch die Digitalisierung der Gesundheitsdaten, also zum Beispiel die flächenendeckende Nutzung der ePA und des E-Rezepts, ließen sich jährlich acht Milliarden Euro einsparen. Außerdem könnte Digitalisierung zu mehr Effizienz und Qualität in der Versorgung führen, zum Beispiel durch die Vermeidung von Doppeluntersuchungen, weniger Folgebehandlungen durch eine bessere Behandlungsqualität oder Entlastung des knappen medizinischen Personals im Bereich der Verwaltung und Organisation. Auch die Versicherten sind offener für eine digitalisierte Versorgung, als viele Entscheidungsträger in der Vergangenheit erwartet haben.
Es ist gut, dass das Digitalgesetz die Digitalisierung des Gesundheitswesens voranbringen soll. Dazu soll die elektronische Patientenakte (ePA) flächendeckend eingeführt werden. Diese soll ab 2025 für alle Versicherten als Opt-out-Anwendung angelegt werden, sofern kein individueller Widerspruch erfolgt. Die erste Anwendung in der ePA soll eine vollständige, weitestgehend automatisch erstellte, digitale Medikationsübersicht sein. Das E-Rezept soll ab 2024 als verbindlicher Standard angeboten werden und über die elektronische Gesundheitskarte und die ePA genutzt werden können. Weitere Anwendungen sollen per Rechtsverordnung folgen.
- Die ePA wird jetzt für alle Versicherten automatisch angelegt, wenn sie nicht widersprechen (Opt-Out-Anwendung). Das ist gut für die Zukunft des Gesundheitswesens. Aber die ePA wird nur dann wirklich genutzt, wenn die Versicherten sich auch niedrigschwellig einloggen können. Wir begrüßen deshalb, dass der Kreis derjenigen, die die Versicherten authentifizieren dürfen, um Vertragsärzte und -ärztinnen sowie Apotheker und Apothekerinnen erweitert werden soll. Auch das vereinfachte Authentifizierungsverfahren befürworten wir. Wir lehnen aber die geplante Möglichkeit ab, digitale Identitäten, NFC-fähige Gesundheitskarten sowie die dazugehörigen PINs aus der E-Rezept-App zu beantragen. Das ist Sache der Krankenkassen.
Für digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) soll es bald möglich sein, dass auch Medizinprodukte höherer Risikoklassen von den Krankenkassen bezahlt werden. Außerdem soll es für alle gelisteten DiGAs eine Pflicht geben, die Wirksamkeit der Anwendung zu messen. Die Ergebnisse dieser Messung müssen dann an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldet und im Verzeichnis veröffentlicht werden. Das BfArM und die Verbände der DiGA-Hersteller sollen dann die Möglichkeit haben, sich zu den Ergebnissen zu äußern.
Die Vergütung für DiGas soll künftig auch davon abhängen, wie gut die Anwendung funktioniert. Wenn sich ein Versicherter innerhalb von 14 Tagen nach der Installation der DiGA gegen die Nutzung entscheidet, soll die Vergütung entfallen.
- Eine Einbeziehung von Medizinprodukten der Risikoklasse IIb in das DiGA-Verfahren sehen wir als KKH grundsätzlich positiv. Diese Produkte können bei nachgewiesenem Nutzen und einer an den Erfolg gekoppelten Vergütung einen Mehrwert in der medizinischen Versorgung schaffen. Allerdings müssen dafür valide Messinstrumente zur Bestimmung des Erfolgs entwickelt werden. Außerdem sollte bei der Preisgestaltung berücksichtigt werden, dass der Hersteller die Erprobungsstudie bei fehlendem Nutzennachweis selbst finanzieren muss. Der Anteil von erfolgsabhängigen Preisbestandteilen sollte von 20 Prozent auf mindestens 50 Prozent erhöht werden, um bessere Qualitätserfolge zu erzielen.
Der Innovationsfonds soll nicht nur weiterlaufen, sondern auch verbessert werden. Es soll einfacher werden, Fördermittel zu erhalten. Zum Beispiel sollen Projekte mit kurzer Laufzeit auch ohne Vorantrag gefördert werden. Je nachdem, wie weit ein Projekt ist, soll es entweder in einem Schritt oder in zwei Schritten gefördert werden.
- An digitalen Innovationen mangelt es nicht, aber sie werden oft nicht in der Regelversorgung eingesetzt. Das liegt vor allem daran, dass es dafür entweder keine gesetzliche Grundlage oder keine Finanzierung gibt. Deshalb ist es gut, dass der Innovationsfonds weitergeführt und verbessert wird. Aus der Perspektive der KKH geht die Weiterentwicklung jedoch nicht weit genug. Zum Beispiel sollte das Förderverfahren vereinfacht werden, damit es leichter ist, sich zu beteiligen oder selbst etwas zu initiieren. Außerdem sollte der Innovationsfonds auch für länger laufende Projekte geöffnet werden. Die Beibehaltung der jährlichen Fördersumme von 200 Millionen Euro sowie die Beibehaltung der Mittelübertragbarkeit sehen wir angesichts der Finanzsituation der GKV kritisch. Hier sollte über eine Reduzierung der Fördersumme oder über zusätzliche weitere Finanztöpfe nachgedacht werden.
Mit dem Digitalgesetz wird es endlich möglich, digitale Anwendungen in der Gesundheitsversorgung zu nutzen. Das ist wichtig, damit Deutschland nicht in der digitalen Zukunft der Gesundheitsversorgung zurückbleibt. Wichtig ist, dass die geplanten Änderungen auch schnell umgesetzt werden. So können die Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenversicherung von mehr Effizienz und Versorgungsqualität profitieren. Das bedeutet, dass die GKV-Beiträge gesenkt werden können und die Versicherten eine bessere Behandlung erhalten.
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