Mental Load: Die mentale Last im Alltag
01.10.2025 • 6 Minuten Lesedauer
Mental Load beschreibt die vielen kleinen gedanklichen Aufgaben und Verpflichtungen, die wir in unserem Kopf täglich mit uns herumschleppen. Diese endlose To-do-Liste, die sich nicht ausschalten lassen will. Häufig sind Frauen davon betroffen. Dabei gibt es Hilfe. Erster Schritt: der Mental-Load-Test der KKH. Hier geht es zum Mental-Load-Selbsttest.
Wie voll ist dein Kopf?
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Zum SelbsttestFeierabend bei einer jungen Familie. Eine Freundin hat sich zum Essen angekündigt. Während das Abendessen für die Erwachsenen auf dem Herd köchelt, versucht die Mutter ihre beiden jungen Kinder mit einem Happen zu versorgen. Der Sohn will aber partout nicht essen. Mit der einen Hand hält sie ihm den Löffel vor den Mund, mit der anderen rührt sie im Kochtopf. Den anwesenden Besuch bittet sie, sich selbst ein kühles Getränk aus dem Kühlschrank zu nehmen. Plötzlich läuft der Kochtopf über und der Inhalt ergießt sich über den Küchenfußboden. Und der Mann? Bleibt auf der Couch sitzen. Die Mutter des Hauses hätte ja was sagen und fragen können. Stattdessen herrscht er sie an: „Was hast du gemacht?“. Und sie antwortet: „Ich habe alles gemacht. Das ist es, was ich getan habe.“
Dies ist ein Comic aus der Reihe „Mental Load“ im Guardian, gezeichnet von der Französin mit dem Künstlernamen Emma, die sich selbst als Feministin bezeichnet. Ihr Ziel: Den unsichtbaren Mental Load von Frauen sichtbar zu machen und ihn in anschaulichen Alltagsszenen der Gesellschaft vor Augen zu führen.
Es ist leicht, bei diesem Thema schnell in die Frau-gegen-Mann-Falle zu tappen. Denn Frauen sind nachweislich stärker von Mental Load betroffen. Und gleichzeitig liegt hierin bereits die Lösung: Die Auflösung des Mental Loads geht nur miteinander. Nicht gegeneinander. Doch wie kann ich Mental Load lösen? Wie äußert sich Mental Load? Inwiefern leiden auch Männer unter Mental Load?
Wie äußert sich Mental Load?
Bei uns können Sie kostenlos und innerhalb weniger Minuten den Selbsttest machen und herausfinden, ob Sie unter einem hohen Mental Load leiden. Dieser Selbsttest hilft dabei, das persönliche Level an mentaler Überlastung besser einzuordnen. Wer täglich viele Aufgaben gleichzeitig bewältigen muss – etwa zwischen Job und Familie –, wer viel Verantwortung trägt und kaum etwas abgeben kann, erlebt oft dauerhafte Anspannung. Wenn zudem noch Pausen fehlen, Entlastung ausbleibt oder sich immer wieder der ungesunde Vergleich mit anderen einstellt, ist das ein Nährboden für Mental Load.
Am Ende des Selbsttests bieten wir Ihnen verschiedene Angebote an, die Schritt für Schritt dabei helfen, den Stress zu reduzieren und neue Energie zu tanken. Denn wir verfolgen die Gesundheitsstrategie: „Sie denken an alles – wir denken an Sie.“
Woher kommt der Begriff Mental Load?
Bereits in den frühen 1970er-Jahren prägten US-amerikanische Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen wie die Soziologin Arlie Russell Hochschild den Begriff der Emotionsarbeit (emotional labor). Gemeint war damit die emotionale und auch mentale Überlastung in medizinischen und sozialen Berufen, wie beispielsweise bei Ärztinnen und Pflegern. Hieraus entwickelte sich später der Begriff des Mental Loads auch im Privatleben. In Deutschland sind vor allem Expertinnen wie Patricia Cammarata die erste Anlaufquelle. Sie hat selbst Kinder und gibt in ihren Bestseller-Büchern Tipps.
Jüngere Umfragen zeigen, dass sich die Auffassung wie Mental Load in Paarhaushalten verteilt ist, erheblich zwischen Frauen und Männer unterscheidet. Männer denken eher, dass beide zu etwa gleichen Teilen die notwendigen Alltagsaufgaben bedenken, planen und erfüllen – Frauen denken, dass sie das überwiegend oder sogar fast ausschließlich allein machen, so eine Umfrage des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) von 2024. Damit ist Mental Load überwiegend ein weibliches Thema.
Doch auch für immer mehr Männer ist Mental Load längst kein Fremdwort mehr. Vor allem bei Familienvätern steigt die Stressbelastung. Der Väter-Coach Carsten Vonnoh hat sich des Themas angenommen. Er hat eine beruhigende Botschaft für Männer: „Als Vater kannst du es nur verkacken, also entspann dich.“ Das nehme den Druck raus aus dem Kessel. Denn auch Männer kreisen im Spannungsfeld zwischen Familie und Beruf, Leistungsgesellschaft und Selbstentfaltung und versuchen den täglichen Spagat zwischen den eigenen Ansprüchen und fremden Erwartungen. Ein häufiges Beispiel im Fall der Männer: das Haupteinkommen für die Familie (Financial Load) zu verdienen. Muss der Mann den größten Teil des Familienhaushalts erwirtschaften, lastet viel Druck auf diesen Schultern.
Besonders fliegt das emotionale Paket des Mental Loads jungen Paaren um die Ohren, die ein anderes Familienmodell als ihre Eltern leben wollen, wo oft der Mann der Alleinverdiener und die Frau die Hausfrau war. Genau das sei der Grund, warum der Mental-Load-Begriff in den vergangenen Jahren bekannter geworden ist. Das moderne Familienideal von Paaren scheitert im praktischen Alltag, wenn Frauen dann doch den größeren Teil der Familien- und Haushaltsarbeit übernehmen.
Acht Tipps: Wie löse ich Mental Load?
Inventur machen:
Setzen Sie sich gemeinsam hin und schreiben Sie alle Aufgaben auf. Wer, wann, wie oft. Schwarz auf Weiß kommen die ersten Aha-Momente. „Ach, das machst du so häufig und behältst alles im Kopf?“ – „Wusste ich ja gar nicht.“
Regelmäßige Orga-Meetings:
Bleiben Sie dran und besprechen Sie in wöchentlichen Treffen die Verteilung der aktuell anstehenden Aufgaben und die Verantwortlichkeiten. Wer organisiert den Kindergeburtstag? Wer bringt das Auto in die Werkstatt? Wer kauft die neuen Gummistiefel für den Sohn und das Material für den Bastelnachmittag der Tochter?
Nicht nur vor-, sondern auch zurückblicken:
Was lief gut, was lief schlecht? Eine ehrliche Bilanz hilft Ihnen, aus Fehlern zu lernen und es nächste Woche besser zu machen.
Sich vom Perfektionismus verabschieden:
Sich selbst regelmäßig kritisch zu hinterfragen, befreit vom innerlichen Ballast noch aus der Kindheit. Wenn die Großmutter zu Besuch kommt, muss nicht noch die hinterste Ecke gesaugt sein. Mutter war auch mal Mutter von mindestens einem kleinen Kind. Buch-Autorin Patricia Cammarata weiß, dass dies leichter gesagt als getan ist: „Die Gesellschaft hat bestimmte Vorstellungen davon, was eine gute Mutter‘ tut und was nicht.“ Dennoch führe kein Weg daran vorbei, sich vom Perfektionismus zu verabschieden.
Verantwortung mit dem Mann teilen:
Dazu rät Coach Carsten Vonnoh. Es sei problematisch, „wenn Mütter sich allein in der Verantwortung sehen und den Mann als drittes Kind wahrnehmen.“ Natürlich seien manche Männer weit davon entfernt, auf Augenhöhe bei dem Thema in der Verantwortung zu sein. Aber viele seien eben auf einem guten Weg.
Bewusste Ruhephasen einbauen:
Das gefühlte Stress-Level können wir senken, indem wir bewusste Ruhephasen einplanen, zum Beispiel eine morgendliche Entspannungsroutine oder die „Me-Time“ am Abend. Besonders ernst nehmen sollten wir körperliche Signale wie Verspannungen in den Schultern oder eine durcheinandergebrachte Verdauung.
Sich offen mit anderen Eltern auszutauschen:
Das kann helfen, neue Ideen und Perspektiven zu gewinnen. Durch die Gespräche erfahren wir oftmals Unterstützung und finden dadurch Seelenfrieden. Das Reden fällt besonders Männern immer noch schwer, weiß Carsten Vonnoh: „Es ist wichtig, dass wir uns trauen zu sagen, dass es manchmal echt viel ist.“
Und zu guter Letzt
Noch ein Tipp aus unserem Newsletter: In der Juli-Ausgabe 2025 haben wir das Thema People Pleasing (nicht Nein-sagen können) vorgestellt. In unseren Fakten-Snacks finden Sie zwölf Tipps für weniger People Pleasing und mehr Selbstfürsorge im Alltag, zum Beispiel dem täglichen Check-in: Geben Sie sich drei Momente am Tag für ein kurzes Innehalten. Wie angespannt bin ich? Was brauche ich gerade? Was würde mir guttun? Das hilft, Ihre Bedürfnisse wieder mehr zu spüren und damit zu sich zu finden, empfiehlt Psychologin Ulrike Bossmann.
Wie können wir mit Mental Load künftig besser umgehen?
Expertenstimmen wie Carsten Vonnoh und Patricia Cammarata heben hervor, dass der Umgang mit Mental Load letztlich ein ständiger Prozess ist, der kontinuierliche Arbeit auf allen Seiten erfordert – zudem Geduld und Ehrlichkeit. Gegenüber sich selbst, gegenüber der Partnerin und dem Partner und in der Öffentlichkeit. Nur wenn wir offen über Mental Load sprechen, können wir das Problem des Mental Loads entstigmatisieren und die Rahmenbedingungen für Betroffene verbessern. Dazu zählen familienfreundlichere Arbeitsstrukturen, politische Maßnahmen zur Unterstützung – und auch ehrliche Debatten in der Gesellschaft. Wie ein Comic im britischen Guardian über Mental Load, der das Ungesagte im Kopf in Bildern ausspricht.